Der Ursprung des Absinthes
Der nach dem Wermutkraut (Artemisia Absinthium) benannte Kräuterschnaps, wurde sehr wahrscheinlich das erstemal im heutigen Canton Neuchatel produziert, verkauft und konsumiert. Belegt ist jedenfalls, daß dort bereits in den 1730er Jahren, mit Wermut versetzter Wein zu haben war. Historisch gesehen, war das Fürstentum Neuenburg damal aber noch nicht Teil der schweizer Eidgenossenschaft, sondern Teil Preussens. Genaugenommen ist Absinthe also eine preussische Erfindung! Da diese Diskussion aber schnell ad absurdum geführt werden kann, belassen wir es dabei. Die Ursprungsregion ist in jedem Fall das Val de Travers.
Historisch belegt ist jedenfalls, daß der französische Landarzt und Revolutionsflüchtling Dr.Ordinaire mit seinem Pferd Roquette landauf- landab, das selbstproduzierte Allheilmittel "Elixir d'Absinthe" an seine Patienten verkaufte. Sehr wahrscheinlich gelangte die Rezeptur nach seinem Tod in die Hände der Familie Henriod aus Couvet, die die Produktion und den Verkauf fortführte. Andere Quellen berichten, daß es umgekehrt gewesen sei und das Rezept ursrpünglich von den Henriod Schwestern stamme. Man wird es wohl nicht mehr mit Sicherheit feststellen können. Jedenfalls sind beide Namen ganz eng mit dem Ursprung des Absinthes verbunden.
Major Dubied und sein Schwiegersohn Henri-Louis Pernod
Daß Absinthe eine heilende Wirkung hat sprach sich im Val de Travers schnell herum und so kam es, daß Major Dubied, 1797 die Rezeptur den Schwestern Henriod abkaufte, um mit seinem Sohn und seinem Schwiegersohn ins Geschäft mit der grünen Fee einzusteigen. Die drei richteten eine kleine Brennerei ein und produzierten die sensationelle Menge von 16 Litern am Tag.
Die Absintheindustrie im kleinen Val de Travers
Für das Val de Travers war der Absintheboom ein echter Seegen, dann in dem bettelarmen Tal war mal froh um jeden Arbeitsplatz. Seit den Tagen des Major Dubied entwickelte sich eine regelrechte Industrie, denn mit dem Absinthe kamen auch Druckereien für die Etiketten, Auf den hochgelegenen Flächen wurden neben dem großen Wermut auch zahlreiche andere Kräuter kultiviert. Holzverarbeitende Betriebe produzierten Kisten und Fuhrunternehmer transportierten die Ware in aller Herren Länder.
In der Schweiz gabe es bis zu 40 Absinthebrennereien. Allein im kleinen Val de Travers gab 13, im 4 weiter im Canton Neuchatel, 11 in Genf, 4 im Vallis und sogar 6 im deutschsprachigen Teil der Schweiz. Unter Ihnen so namhafte Firmen wie Edouard Pernod, Legler Pernod, Berger, Kübler & Romang, Duval, Donier-Tüller, Almen & Kopp, Schumacher & Ammann und viele mehr.
Ein Volksentscheid mit großer Tragweite
Als im Sommer 1908 die Männer der Schweiz über die Zukunft des Absinthes abstimmten, wurden viele Dinge sehr deutlich. Das Ergebnis fiel mit knapp 64% gegen den Absinthe zwar deutlich aus, aber wenn man sich die Verteilung der Stimmen ansieht, wird klar, daß die Gegner des Absinthes hauptsächlich aus der Ostschweiz kamen, einen Teil der Schweiz in dem Absinthe kaum eine Rolle spielte. Hingegen im Westen der Schweiz waren die meisten Wähler für den Absinthe - eine Region, die wirtschaftlich stark vom Absinthe profitierte. Trotz alledem kam am 7.10.1910 das Verbot. Bis 2005 war damit die Produktion und der Verkauf von Absinthe untersagt. Spannederweise war der Konsum nicht verboten!
Ziviler Ungehorsam
Der Kanton Neuchatel kam 1812 als letzter zur schweizer Eidgenossenschaft hinzu. Noch heute kann man in der Mentalität der Bevölkerung eine gewisse Ablehnungshaltung gegenüber Entscheidungen aus Bern erkennen. Daher verwundert es auch nicht, daß sich sehr viele Leute, die wirtschaftlich vom Absinthe abhängig waren, betrogen fühlten und sich nicht an das Verbot hielten. Es gibt unzählige Annekdoten aus der Zeit der Schwarzbrennerei, über die man heute schmunzeln kann, die damals aber bitterer Ernst waren. So z.B. die Äusserung eines verurteilten Schwarzbrenners zu seiner Tätigkeit: Wissen Sie, wenn Sie nach Monaco fahren, parken Sie unten im Hafen. Ich dagegen fahre hoch ins Schloss... So wurde munter schwarz gebrannt und alle beteiligten sich daran. Klemptner zimmerten aus alten Töpfen, kleine Brenngeschirre, Apotheker lieferten die Kräuter und in der Drogerie konnte man Rohalkohl kaufen. Alles isoliert betrachtet völlig legel, aber zusammengenommen natürlich eine Gaunerei, die lange Zeit von der eidgenössischen Alkoholverwaltung verfolgt wurde. Verbot ist schließlich Verbot!
2005 - die Rückkehr der grünen Fee
Seit den 90er Jahren konnte man in ganz Europa wieder überall Absinthe kaufen. In verschiedenen EU Staaten war Absinthe auch nie verboten und das war auch die Grundlage für die Zulassung. In der Schweiz ticken die Uhren aber etwas langsamer und so mussten sich die Schweizer bis zur Legalisierung 2005 gedulden. Schwarzbrenner konnten nun zur eidgenössischen Alkoholverwaltung gehen, sich selbst anzeigen, um dann amnestiert zu werden und oben drauf eine Brennlizenz zu erhalten. Schnell entstanden 10-20 Brennereien. Diesman profitierte aber auch der Staat durch Steuereinnahmen und niemand musste seinen Brennhafen mehr verstecken.
Leute wie Pierre-André Delachaux bedauerten den Rummel um die grüne Fee, denn er und seine Freunde schätzen die konspirativen Treffen und das geheimnisvolle Flair des La Bleue genannten Absinthe des Val de Travers. Mit dem Kommerz sei die grüne Fee ein zweites mal gestorben.
2007 - Aus Erfolg wird Größenwahn
Einigen Brennern ist der Erfolg in dieser Zeit zu Kopf gestiegen. Eine Gruppe ehemaliger Schwarzbrenner reichte beim Bundesamt für Landwirtschaft einen Gesuch ein, um sich die Namen "Absinthe", "La Bleue" und "Fée Verte" als geschützte Geografische Angabe reservieren zu lassen. Die Folge wären gewesen, daß Absinthe nur noch ausschließlich im Val de Travers produziert hääte werden dürfen. Ein enormer Aufschrei ging durch die internationale Absintheszene, denn das war wirtschaftlich für viele Firmen eine ernsthafte Bedrohung. Gegen diese Eingabe gab es ca. 40 Einsprüche von Firmen aus der ganzen Welt. In erster Instanz wurde für die Interessensgemeinschaft aus dem Val de Travers entschieden. Allerdings wurde in zweiter Instanz das Urteil aufgehoben und die Freiheit des Absinthes siegte über die unsinnige Initiative. Insgesamt hat der Absinthe durch diese Geschichte enrom gelitten und hat es vielleicht auch deswegen nie so richtig aus der Nische heraus geschafft.